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Ich Schenk Dir Die Hölle Auf Erden
(K)ein Trennungs-Roman
By Ellen Berg Aufbau Digital
Copyright © 2017 Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin
All rights reserved.
ISBN: 978-3-8412-1306-8
CHAPTER 1
Früher rauchten die Kinder heimlich, heute tun es die Mütter, dachte Carina, als sie ihre Kippe löschte, mit einem Papiertuch umwickelte und in der Toilette runterspülte. Dann öffnete sie das Badezimmerfenster. Aaah, frische Luft!
Ihr war schwindelig. In ihren Ohren rauschte es, ihr Magen rumorte, als habe sie Heftzwecken verschluckt. Seit Jahren hatte sie nicht geraucht. Die Notfallpackung Zigaretten im Arzneischrank gehörte ihrem Mann, der sie dort aufbewahrte, gleich neben Nasentropfen und Aspirin. Ironischerweise. Schließlich konnte man Rauchen nicht gerade als medizinische Maßnahme bezeichnen, das wusste jedes Kind. Doch es gab nun mal Momente, in denen das Leben keine lustige Spazierfahrt war, sondern ein Frontalaufprall ohne Airbag. Da kam es auf das bisschen Nikotin auch nicht mehr an.
»Es ist nicht das, wonach es aussieht. So was kann mir doch nicht passieren. So was kann Jonas und mir doch nicht passieren. Niemals.«
Wie die Ansage einer Warteschleife murmelte Carina die immer gleichen Sätze, während sie sich ins Schlafzimmer schleppte. In ihrer schweißnassen linken Hand zerknüllte sie einen Zettel. Ein vollkommen harmlos aussehendes Stück Papier, und doch besaß es die Sprengkraft einer Bombe. Ihre Finger bebten, als sie den zerknitterten Zettel zum hundertsten Mal glattstrich. Es war eine Rechnung, ausgestellt auf Dr. Jonas Wedemeyer: Romantikhotel Rosenhain, Übernachtung für zwei Personen inklusive CandlelightDinner, Hammam, Wellness-Duo-Massage, Deluxe-Frühstück. Und drei Flaschen Champagner in der Honeymoon-Suite.
Drei.
In der Honeymoon-Suite.
Das stellte zehn Jahre Ehe in Frage. Die Liebe ist ein Traum, hatte Jonas irgendwann einmal lachend gesagt, und die Ehe ist der Wecker. Ein Spruch, nur ein Spruch. Oder war es ihm ernst gewesen? Noch am Morgen hatte er ihr eine Nachricht geschrieben.
Alles ok. LG Jonas
So viel zur warmen Umarmung der Technologie.
»Mami, Mami, es hat geklingelt!« Außer Atem kam die neunjährige Melina ins Schlafzimmer gestürmt, in kunstvoll zerrissenen Jeans und einem pinkfarbenen Glitzer-T-Shirt. Papas Prinzessin. »Mum? Hast du denn nichts gehört?«
»Melli, ich ... nein ...«
Als kehre sie aus einem völlig verrückten Alptraum zurück, starrte Carina ihre Tochter an, die mit den Zeigefingern auf ihre Ohrmuscheln zeigte.
»Mum, wie kann man so verpeilt sein! Hör doch!«
Richtig, es schellte an der Haustür. Laut und vernehmlich. Nein, schrill und unangenehm. Himmel, der Mädelsabend!
Einmal im Monat trafen sich Carinas Freundinnen reihum zum Gedankenaustausch. So jedenfalls der offizielle Sprachgebrauch. Inoffiziell endeten die Abende in feuchtfröhlichem Geläster, denn jede Menge guter Laune verstand sich von selbst, so wie das eine oder andere Glas Prosecco. Sie alle waren Ende dreißig und teilten die Themen dieser Lebensphase: Wie läuft es mit den Männern, wenn die Attraktivität nachlässt, aber die Ansprüche steigen? Sollte man sich die ersten grauen Haare überfärben lassen? Wie erweitert man seinen Horizont, ohne den Boden unter den Füßen zu verlieren? Gibt es noch ein Leben vor dem Tod?
Heute fungierte Carina als Gastgeberin. Ihr ehemals weißes T-Shirt erzählte von den Köstlichkeiten, die sie am Nachmittag vorbereitet hatte: hauchdünne Minipizzen mit roten Zwiebeln, Mozzarella und Tomatensauce, Gemüsesticks mit grünem Pesto, winzige Gazpachoportionen in ebenso winzigen Gläsern, Schafskäsesalat mit schwarzen Oliven, roten Paprikawürfeln und frischen Kräutern sowie andere kalte Kleinigkeiten, die ihre stets auf Diät befindlichen Freundinnen als Snack akzeptierten. Überdies hatte Carina den Kamin im Wohnzimmer angezündet und, obwohl es erst Mitte November war, den Raum adventlich geschmückt – mit Tannenzweigen, Lichterketten und selbstgebastelten Gestecken, obwohl es an jeder Ecke fertige Weihnachtsdekorationen zu kaufen gab. Noch sechs Wochen bis Heiligabend ...
Oha, falsches Thema. Carina unterdrückte ein Schluchzen. Wie, verdammt noch eins, sollte sie mit einem Mann Weihnachten feiern, der sich ohne sie, aber ganz gewiss nicht allein in einem fabelhaften Hotel vergnügte?
Schwer atmend stützte sie sich auf den rechten Bettpfosten. Ja doch, sie musste duschen und sich umziehen. Aus ihren zu Berge stehenden rötlichen Haaren so etwas wie eine Frisur fabrizieren. Ihrer leichenblassen Haut mit einem Hauch Rouge den Anschein von Leben verleihen, die Wimpern tuschen, ein wenig Lipgloss auftragen. Genauer gesagt, hätte sie das alles vor mindestens einer Stunde tun müssen und sicherlich auch getan, wenn nicht Jonas' Sekretärin seinen Koffer vorbeigebracht hätte. Als gute Ehefrau hatte Carina ihn sogleich ausgepackt. Nun ja, ausgepackt hatte sie ihn letztlich gar nicht, sondern nach einer ersten Inspektion des Inhalts die Flucht ins Badezimmer ergriffen.
Wäre sie doch nur nicht so verflixt pflichtbewusst gewesen! Hätte sie doch nur den Koffer einfach in irgendeine Ecke gestellt und ungeöffnet verschimmeln lassen. Ihr wäre einiges erspart geblieben.
Zunächst hatte sie sich gewundert, warum Jonas auf eine Geschäftsreise zwei Badehosen und gleich drei funkelnagelneue Boxershorts mit Designerlogo mitnahm. Dann hatte sie über das unbekannte Rasierwasser gestaunt. Doch erst als sie die aufgerissene Schachtel Kondome entdeckt hatte, extradünn und gefühlsecht, sowie einen mikroskopisch kleinen Spitzentanga in sündigemSchwarz, war es wie ein Blitz in sie gefahren. Schockstarre. Die Rechnung hatte ihr dann den Rest gegeben.
Romantikhotel Rosenhain. Von Ferne hörte sie ein unheilvolles Donnern. Er hat dich betrogen.
»Es ist nicht das, wonach es aussieht«, begann sie wieder ihr Alleswird-gut-Mantra zu murmeln. »So was kann mir doch nicht passieren. So was kann uns doch nicht passieren. Niemals.« Mit der Miene einer ungeduldigen Lehrerin schüttelte Melli ihre honigfarbenen Locken, bevor sie ganz dicht an Carina herantrat.
»Hey, Mum, hast du etwa schon einen Prosecco gezischt? Und, iiih, wie fies ist das denn, du riechst ja nach Rauch!«
» ... äh, wie bitte?«
Fröhliches Stimmengewirr und Gelächter im Erdgeschoss holten Carina in die Realität zurück. Aber was war schon die Realität? Dieses gepflegte Einfamilienhaus in einer ruhigen begrünten Seitenstraße, das sie für eine uneinnehmbare Bastion in schnelllebigen Zeiten gehalten hatte? Ihre Familie wie aus dem Bilderbuch – Mama, Papa und zwei entzückende Kinder? Ihre kleine Welt, in der alles um Jonas, Melina und den sechsjährigen Benjamin kreiste? Gerade kam Benny ins Schlafzimmer gerannt, mit hochroten Wangen unter seinem blonden Wuschelhaar, das blau-weiße Ringel-T-Shirt verrutscht vom Laufen. Begleitet wurde er von Familienhund Bingo, einem Golden Retriever, der aufgeregt japsend an Carina hochsprang.
»Hab die Tür aufgemacht«, erklärte Benny stolz. »Und Gläser mit Apfelsaft ins Wohnzimmer gebracht, das kann ich nämlich schon!«
Melli stemmte die Hände in die Hüften. Überheblich sah sie auf ihren kleinen Bruder herab.
»Jetzt gib mal nicht so krass an, Kurzer, das kann doch jedes Baby. Oder, Mum?«
Noch immer stand Carina völlig unbeweglich da. Wie aus weiter Ferne hörte sie, dass man von unten ihren Namen rief. Zähne zusammenbeißen, befahl sie sich, und keinen Mucks. Vielleicht ist das alles nur ein Missverständnis. Noch ist nichts verloren. Noch lohnt es sich, die Fassade aufrechtzuerhalten. Verschwörerisch legte sie einen Finger an die Lippen und schaute ihre Kinder an. Die Kinder eines ausgemachten Schufts?
»Ihr beide seid heute meine persönlichen Assistenten«, flüsterte sie. »Bietet unseren Gästen bitte schon mal die Gemüsesticks mit der grünen Pestosauce an. Komme gleich nach.«
»Aber du hast gesagt, wir dürfen einen Film gucken«, maulte Melli. »Das hast du uns versprochen.«
»Nur fünf Minuten«, bat Carina mit letzter Beherrschung.
»Krieg ich dann den Kicker zu Weihnachten?«, fragte Benny, der seit Wochen von nichts anderem sprach.
»Das muss der Weihnachtsmann entscheiden.« Carina strich ihm eine Haarsträhne aus der Stirn. »Und jetzt bitte nach unten, okay?«
Schmollend zogen die beiden ab, gefolgt von Bingo, der ein erfreutes Bellkonzert zum Besten gab, als alle drei die Treppe zum Erdgeschoss hinunterjagten.
Jonas. Wie in Trance ließ Carina den Blick durchs Schlafzimmer wandern. Die blassblauen Kleiderschränke im Vintage-Stil hatten sie kurz nach der Hochzeit gekauft, so wie den weichen, hochflorigen Teppich in mittlerweile nachgedunkeltem Cremeweiß und das Bett mit den geschnitzten Pfosten. Gemeinsam hatten sie diesen Raum gestaltet. Ihr Nest, in dem sie für immer die intimsten Momente hatten teilen wollen. Ha! Wie liebevoll hatten sie damals alles ausgesucht, die Möbel, die Wolkenstores in Blau-Gelb, die Bilder – anmutig tanzende Elfen, neckische kleine Engelchen, Blumen über Blumen.
Im Spiegel der Schranktür erblickte Carina ein Gespenst. Ein bleiches, hohlwangiges Wesen, das aussah, als würde es sich gleich in Luft auflösen. Oder als große Pfütze auf dem cremefarbenen Teppich enden. Denn jetzt floss es unkontrollierbar aus ihr heraus, ein Strom von Tränen, die auf ihr fleckiges T-Shirt tropften. Ganz leise weinte sie, unhörbar für ihre Kinder, unhörbar für ihre Freundinnen, obwohl ihre innere Stimme tröstende Worte sprach: Er liebt dich, und du liebst ihn. Ihr habt den Bund fürs Leben geschlossen. Nichts kann euch auseinanderbringen.
Auf der blau-gelb karierten Tagesdecke des Betts lag der geöffnete Koffer, wie ein Monster, das sie mit weit aufgerissenem Rachen angrinste. Wieder stach ihr die angebrochene Packung Kondome ins Auge. Nie hatten Jonas und sie verhütet. Warum auch? Ein drittes Kind wäre ihnen willkommen gewesen, Platz genug gab es schließlich in diesem geräumigen Haus, und da Carina bereits kurz vor Melinas Geburt ihren Job als Anwaltsgehilfin aufgegeben hatte, wäre auch genügend Zeit für ein Baby gewesen.
»Hallihallo, wieso versteckst du dich denn hier oben?«, ertönte auf einmal eine leicht angeraute Frauenstimme.
Carina wirbelte herum. Vor ihr stand Madeleine, seit Teenagerzeiten Leni genannt und ihre beste Freundin. Im Gegensatz zu Carina war sie perfekt gestylt. Das enganliegende beigefarbene Strickkleid harmonierte wundervoll mit ihrem frisch geföhnten schulterlangen Blondhaar, sie war raffiniert, aber dezent geschminkt, ihre Wildlederpumps in modischem Nude sahen aus, als gäbe es nicht das kleinste Stäubchen Schmutz im Universum. Schuldbewusst senkte Carina den Kopf.
»Sorry, bin noch nicht fertig, weil ...« Leni legte einen Arm um ihre Schulter.
»Schatz, du hast geweint? Was ist denn los, um Gottes willen?«
Zögernd machte sich Carina aus der Umarmung los. Nicht, dass sie Leni nicht vorbehaltlos vertraut hätte. Sie kannten sich seit der Schule, hatten vom ersten Liebeskummer bis zum letzten Vollrausch alles geteilt und keine Geheimnisse voreinander. Auch dass Leni kinderlos war und als Immobilienmaklerin arbeitete, während Carina voll und ganz für ihren Job als Hausfrau und Mutter brannte, hatte sie einander nicht entfremdet.
Sollte sie sich also ihrer Freundin offenbaren? Oder wie geplant den Ball flachhalten und zunächst mit Jonas sprechen, bevor sie am Ende falschen Alarm schlug? Zu spät. Denn just in diesem Augenblick entdeckte Leni den offenen Koffer auf dem Bett. Argwöhnisch wie ein Kammerjäger auf der Jagd nach Kakerlaken spähte sie hinein.
»Seit wann benutzt ihr Kondome? Hey, und diese Dinger sind ja schnittig.« Mit spitzen Fingern fischte sie eine zusammengefaltete Boxershorts aus dem Koffer, kniff die Lider zusammen und las halblaut den Schriftzug darauf vor. »Cal-vin-Klein-Men? Wer braucht denn so was? Wenn ich was lesen will, kauf ich mir 'ne Zeitung.«
Sie ließ die Boxershorts zurück in den Koffer fallen, um jetzt den Spitzentanga hochzuhalten. Fachmännisch begutachtete sie das schwarze Nichts, schätzungsweise drei Gramm Stoff, und doch wog es Tonnen, so schwergewichtig war seine verheerende Botschaft.
»Größe 34.« Leni bedachte Carinas runde Hüften mit einem kurzen Seitenblick. »Du bist eine solide 44, würde ich sagen, und soweit ich weiß, hat Jonas bisher keinerlei Veranlagung zum Transvestiten gezeigt.« Langsam, sehr langsam zog sie die Augenbrauen hoch.
»Es ist nicht das, wonach es aussieht«, erwiderte Carina auf die unausgesprochene Frage, die wie eine Gewitterwolke über ihnen schwebte. »So was kann mir doch nicht passieren. So was kann Jonas und mir doch nicht passieren. Niem ...«
Die letzte Silbe wurde von einem Schluchzer verschluckt. Mit zuckenden Schultern fing Carina wieder an zu weinen, ihre Knie knickten ein, wie ein Stein sank sie auf die Bettkante. Sofort war Leni bei ihr. Tröstend strich sie Carina über das wirre Haar.
»Mach dir nichts vor, Süße, das sieht eindeutig nach einem außerehelichen Betriebsausflug aus. Jetzt nur keine Panik, wir stehen das zusammen durch. Ich bin deine Freundin, gemeinsam gehen wir durch dick und dünn. Hm. Was gedenkst du als Erstes zu tun?«
Tränenblind legte Carina ihren Kopf an Lenis Schulter. Sie versuchte, wenigstens ein, zwei einigermaßen klare Gedanken zu fassen, was ihr fast übermenschliche Anstrengungen abverlangte.
»Erst mal mit Jonas reden. Und dann – eine Ehetherapie vielleicht?«
Leni rollte mit den Augen. »Ich fürchte, eine Ehetherapie wegen einer Affäre ist wie Bausparen für Rentner: schlicht und einfach zu spät.«
Schockiert ließ Carina diesen Satz auf sich wirken. Stimmte das? War es zu spät? Gut, nach zehn Jahren Ehe tendierte der Knisterfaktor gegen null. In den Gesprächen mit Jonas ging es um den üblichen Alltagskrempel, um Handwerkertermine, Elternabende und die Schicksalsfrage, wer das Leergut zum Getränkemarkt brachte – aber ganz bestimmt nicht um verführerische Wäsche oder Champagner in der Honeymoon-Suite.
Genau das kränkte Carina am meisten. Wie oft hatte sie Jonas angebettelt, ein Wochenende zu zweit zu verbringen, nur sie beide, in irgendeinem romantischen Hotel. Nie war es dazu gekommen, weil Jonas sogar die Samstage und Sonntage arbeitend an seinem Laptop verbrachte und Hotels überdies für Geldverschwendung hielt. Jetzt hatte er ihren sehnlichsten Wunsch verwirklicht – mit einer Größe 34.
Schwanzwedelnd kam Bingo angehechelt und legte seinen Kopf in Carinas Schoß, als ahnte er, dass sein Frauchen Kummer hatte. Gedankenverloren kraulte sie sein weiches Fell. Ob sie Jonas anrufen sollte? Sofort verwarf sie den Gedanken wieder. Am Telefon ließen sich solche Dinge nicht klären. Sie wollte sein Gesicht sehen, wenn sie mit ihm sprach, seine Augen. Selbst wenn Jonas ein Pokerface aufsetzte, seine Augen konnten nicht lügen.
»Ich will ja nicht indiskret sein, aber hast du schon über Trennung nachgedacht?«, fragte Leni in das klemmige Schweigen hinein.
Trennung? Plötzlich sah Carina alles halbiert: ein durchgesägtes Bett, einen halben Schrank, einen zerschnittenen Teppich – und Bingo? Einen halben Bingo? Es war womöglich absurd, aber die Vorstellung, dieses treue, gutartige Wesen zu verlieren, erschien ihr mindestens so schmerzhaft wie der Gedanke, fortan allein aufzuwachen. Von der Frage, wie sie diesen Riesenschlamassel den Kindernerklären sollte, ganz zu schweigen. Sie schloss die Augen. Lieber Gott, lass das alles nicht echt sein.
»Hey, bist du noch am Leben?«, fragte Leni leise nach.
Carina räusperte sich. »Ich atme. Ob man das Leben nennen kann, weiß ich nicht.«
Polternde Schritte auf der Treppe zum ersten Stock kündigten die nächste Besucherin an. Bingo jaulte auf, und schon segelte Wanda um die Ecke, ein vollschlankes Vollweib im Hippielook. Heute trug sie ein wallendes Gewand in der gewagten Farbstellung Pink und Giftgrün, dazu unzählige Holzperlenketten. Wie eine Frau eben aussah, die anlässlich einer Indienreise zu Buddha gefunden hatte und nun davon lebte, Räucherstäbchen und selbstgemachte Cremes in einem Bioladen zu verkaufen. Carina hatte sie im Yogakurs kennengelernt und mochte ihre etwas rumpelige, aber erfrischend aufrichtige Art. Wanda scherte sich wenig um Konventionen, seien es nun Umgangsformen oder Stilfragen. In ihrer leuchtend hennarot gefärbten Mähne hing eine Schmetterlingsspange, die sie resolut hochschob.
»Was ist hier denn los? So 'ne Art Krisenkonferenz? Ist die Milch übergekocht? Oder hat sich jemand einen Fingernagel abgebrochen?«
Leni wedelte hektisch mit der rechten Hand, während sich ihre linke schützend auf Carinas Schulter legte.
»Jonas hat eine andere Frau am Start.«
»Waaas?« Mit energischen Schritten stapfte Wanda zum Bett und ließ sich neben Carina nieder. »Ich fass es nicht! Voll das miese Karma!«
Auch sie beäugte nun den Inhalt des Koffers. Ohne jede Scheu griff sie zu dem Rasierwasserflakon, schraubte den Deckel ab und schnupperte daran.
(Continues...)
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